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Erster jüdischer Anti-Zionismus-Kongress in Wien

„Kongress zum jüdischen ANTI-ZIONISMUS ❘ Wien 2025“

Kein Völkermord im Namen des Judentums

Vom 13. bis 15. Juni wird in der österreichischen Bundeshauptstadt der „Kongress zum jüdischen ANTI-ZIONISMUS ❘ Wien 2025“ abgehalten.

Der Kongress ist öffentlich und richtet sich an alle Menschen, die sich den Prinzipien von Antirassismus, Antikolonialismus und der palästinensischen Befreiung verpflichtet fühlen.

Er versteht sich als Einladung „unabhängig von Religion, Geschichte oder politischer Haltung – sich gegen den Zionismus, gegen seine Gesetzlosigkeit, Brutalität, Überlegenheitsideologie, seinen Rassismus und seine Grausamkeit zu stellen.“

Logo "Erster Kongress zum jüdischen Anti-Zionismus Wien 2025

Wiener jüdische antizionistische Erklärung

Die bereits im Vorfeld des Kongresses im Dezember des vergangenen Jahres veröffentlichte „Wiener jüdische antizionistische Erklärung“ verdeutlicht ebenfalls die Ausrichtung des Kongresses:

„Wir, die Unterzeichnenden, stehen für eine Lösung ein, die allen Menschen in dem Gebiet zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer – gleich welcher Nationalität oder Religion – gleiche Rechte garantiert.“

Jüdisch anti-zionistischer Kongress – Programm

Programm: Zu den zahlreichen Rednerinnen und Rednern des dreitägigen Kongresses gehören beispielsweise Stephen Kapos – Holocaust-Überlebender; Francesca Albanese (online zugeschaltet) – UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten Gebiete Palästinas; Rima Hassan – Europaabgeordnete der französischen Delegation von La France Insoumise; Ilan Pappé – Professor an der University of Exeter und Direktor des European Centre for Palestine Studies; Professor Yakov Rabkin (online zugeschaltet) – emeritierter Professor für Geschichte an der Université de Montréal; …

Zionismus und Antizionismus im Widerstreit

„150 Jahre nach Herzls Geburt, 128 Jahre nach dem ersten zionistischen Kongress – und 50 Jahre nach der UN-Resolution 3379, die „Zionismus als eine Form von Rassismus“ bezeichnete – versammeln sich bei diesem Kongress Antizionistinnen und Antizionisten, mit und ohne jüdische Wurzeln, um dem zionistischen Narrativ, Israel sei der Garant jüdischen Lebens, entgegenzutreten, um uns zu vernetzen, zu organisieren und den Widerstand gegen den Genozid zu stärken.“

Wien ist der Ort, in dem Theodor Herzl (1860-1904) sich vom Mitglied einer deutschnationalen Studentenverbindung zum Zionisten entwickelt. Als Korrespondent der „Neuen Freien Presse“ ist er Augenzeuge des 1894 stattfindenden Schauprozesses gegen den jüdischen Hauptmann Alfred Dreyfus in Paris. Der Dreyfusprozess und seine Erfahrungen mit dem Antisemitismus in Wien prägen ihn. 1896 veröffentlicht er sein Buch „Der Judenstaat“. Bereits ein Jahr später findet unter seiner Leitung der „Erste Zionistische Weltkongress“ im schweizerischen Basel statt.

Allerdings liegen in der Donaumetropole nicht nur wesentliche Quellen des Zionismus, Wien ist auch einer jener Orte, an denen sich bereits sehr früh der Widerstand gegen den Zionismus formiert. So sieht der Wiener Oberrabiner Moritz Güdemann (1835-1918) das Judentum als Weltreligion angekommen und den „Zionismus als Verrat an der spirituellen Tiefe des Judentums“. Er geht davon aus, dass nach der Zerstörung des zweiten Tempels in Jerusalem kein Nationaljudentum mehr existiert. In seinem Werk „Nationaljudenthum“ äußert er sich über den Zionismus folgendermaßen. Dieser „übertrage den nationalen Chauvinismus auf das Judentum“. Ein Judentum „mit Kanonen und Bajonetten würde die Rolle Davids mit der Goliaths vertauschen und eine Travestie seiner selbst sein.“

Der Antizionismus hat als gesellschaftliche Strömung im Judentum eine lange Tradition, die sich neben religiösen Gründen auch ganz wesentlich aus politischen Erkenntnissen speist. So haben viele jüdische Widerstandskämpfer aus dem sozialistischen und kommunistischen Bereich den Zionismus entschieden abgelehnt.

Der Kongress engagiert sich im Sinne des Mauthausen-Schwurs für „eine gerechte und freie Welt für alle Völker und um die Überwindung von Imperialismus, Faschismus und ethnisch begründeten Nationalismus.“

Den Teilnehmern und Teilnehmerinnen des Anti-Zionismus-Kongresses ist in diesem Sinne ein lebendiger und solidarischer Austausch zu wünschen, der einen starken Impuls aussendet, gegen ethnische Säuberungen, und für ein freies Palästina.

Fotocredit: Das im Beitrag verwendete Foto des Veranstaltungsplakats wird vom Verein „Für Demokratie und Menschenrechte in Palästina“ zur Verfügung gestellt.

Aufruf zum Ersten Jüdisch-Antizionistischen Kongress

Der Aufruf kann hier unterzeichnet werden.

Die Welt blickt voller Entsetzen auf das Fortschreiten des Völkermords am palästinensischen Volk, der vom Zionismus in Allianz mit dem Westen verübt wird. Es ist unsere Pflicht als Jüdinnen und Juden, zu handeln – denn all das wird in unserem Namen begangen. Wir müssen unseren palästinensischen Brüdern und Schwestern in ihrer dunkelsten Stunde beistehen und gemeinsam an der Dekolonisierung Palästinas arbeiten!

Jüdinnen und Juden sowie Menschen jüdischer Herkunft auf der ganzen Welt – jene, für die zu sprechen der zionistische Staat vorgibt – vereinen sich, um ihre unerschütterliche Ablehnung des Zionismus zu erklären.

Seit dem Ersten Zionistischen Kongress vor über einem Jahrhundert behaupten zionistische Führer, im Namen des gesamten Weltjudentums zu sprechen. Damit nehmen sie Jüd:innen und das Judentum als Geiseln des Zionismus, während sie gleichzeitig unsere Opposition zum Schweigen bringen und die spirituelle Integrität der jüdischen Religion mit Füßen treten. Jüdische Tradition, Geschichte und Kultur stehen entschieden gegen jeden Völkermord.

Die beeindruckende Geschichte des jüdischen Widerstands gegen den Zionismus ist so alt wie der Zionismus selbst. Sie umfasste religiöse jüdische Gemeinschaften ebenso wie säkulare Bewegungen jüdischer Herkunft – darunter auch die entschiedene jüdische Opposition gegen die Gründung eines zionistischen Staates aus dem Inneren Palästinas heraus.

Zionismus ist ein Verbrechen – am Judentum und am indigenen palästinensischen Volk – und wir verpflichten uns dazu, ihn zu beenden. Im Laufe der Jahre hat sich gezeigt: Anstatt Jüd:innen zu schützen, wurde der Zionismus zu einer großen Gefahr, indem er grausame Verbrechen im Namen von Jüd:innen und des Judentums beging. Der Zionismus behauptet eine Überlegenheit von Jüd:innen und übernimmt damit seinerseits die rassistische Annahme, die dem Antisemitismus zugrunde liegt – nämlich die Idee der Andersartigkeit von Jüd:innen.

Die zionistische siedlerkolonialistische Entität verweigert den Palästinenser:innen selbst die grundlegendsten Rechte. Der Zionismus ist seit über acht Jahrzehnten verantwortlich für Kolonialismus, Apartheid, ethnische Säuberung und Völkermord im Westjordanland und im Gazastreifen. Vierzehn Millionen Palästinenser:innen weltweit sind die direkten Betroffenen. Den von ihm begangenen Gräueltaten entgegnen wir mit Nachdruck: „Nicht in unserem Namen!“
Wir sind entschlossen, gemeinsam mit unseren palästinensischen Partner:innen den Zionismus zu beenden und Palästina zu dekolonisieren!

Zionismus ist vor allem ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Im Geist des Eids der Überlebenden des Konzentrationslagers Mauthausen – überliefert als Zeugnis des Widerstands gegen den Nazi-Faschismus – treten wir ihr universelles Vermächtnis an und bekräftigen ihre Botschaft:

„Der vieljährige Aufenthalt im Lager hat in uns das Verständnis für die Werte einer Verbrüderung der Völker vertieft. Treu diesen Idealen schwören wir, solidarisch und im gemeinsamen Einverständnis, den weiteren Kampf gegen Imperialismus und nationale Verhetzung zu führen.“

Gemeinsam werden wir unsere Kräfte auf dem ersten jüdisch-antizionistischen Kongress bündeln – und uns gemeinsam mit den Palästinenser:innen für die Befreiung Palästinas einsetzen und an einer gerechten, gleichberechtigten Gesellschaft arbeiten.

Judentum ist nicht Zionismus!


Sie haben eine Frage oder Anregung? E-Mail an den Wiener Bücherschmaus

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